Arianna - lost and found I - Warum sind Helden so stumm
 

 
Jiri Benda (1722-1795), Henry Purcell (1659-1695), Franz Fühmann (1922-1984), Jacques Offenbach (1819 - 1880)
 

 

 
Inhaltsstoffe : Duodrama 'Ariadne auf Naxos' von Jiri Benda mit Hammerflügel,
Chöre von Henry Purcell aus 'Dido and Aeneas', Tonmaterial von Jaques Offenbach, Textmaterial von Franz Fühmann und Homer

 
Vokalisten : Theresa Buschmann, Jörg Echtler, Stephanie Fehling, Werner Hocke, Pamela Kipp, Rudolf Klemisch, Christine Moore, Gerda Pult, Winfried Pult, Katharina Schaller-Wenzlitschke, Gefion Schwarz, Renate Vogl, Talib Richard Vogl, Dieter Wenzlitschke
 
Hammerflügel : Miriam Altmann
 
Musikdramaturgie : Ingunn Wittkopf
 
Gesamtleitung : Theresa Buschmann
 

 
„Der labyrinthische Mensch sucht niemals die Wahrheit, sondern einzig allein seine Ariadne.“
Friedrich Nietzsche
 
Die Geschichte ist bekannt: Nachdem Ariadne mit Hilfe eines Wollknäuels Theseus geholfen hat, den Minotauros zu töten und einen Weg aus dem Labyrinth zu finden, flieht das Paar auf die Insel Naxos. Nach kurzem Liebesglück lässt Theseus Ariadne allein auf Naxos zurück und segelt nach Athen, um dort für Recht und Ordnung zu sorgen. Antike Varianten des Mythos erzählen, dass Ariadne von Gott Dionysos gerettet und als Sternbild am Himmel verewigt wird. Die diese Mythen verarbeitende Kunst- und Kulturgeschichte zeigt ein anderes Interesse an Ariadne: Sie hat Ariadne zum Sinnbild der verlassenen Frau gemacht. Mit Jiri Bendas Melodram „Ariadne auf Naxos“ steht eine Sensation aus dem Jahr 1775 auf unserem Programm. Auch Benda und sein Textdichter Johann Christian Brandes stellen die Klage der verlassenen Frau in den Mittelpunkt. Ihre Zutaten für das umjubelte neue Genre Melodrama heißen: Mit Musik unterlegte Deklamation, ein perfektes Ineinandergreifen von musikalischer und dramatischer Handlung und eine das Publikum verzaubernde und zu Tränen rührende Hauptdarstellerin Charlotte Brandes. Bendas Ariadne ist eine zwischen extremen Affekten hin- und hergerissene Frau. Freude,Verzweiflung, Wut, Wehmut, Angst, Rache, Trauer und Sehnsucht sind Stationen ihrer Gefühlsachterbahn, deren wilde Fahrt Bendas Musik farbenreich und detailverliebt widerspiegelt. Selbst ein Löwe, der durchs unwirtliche Naxos streift, hat sich in der Partitur verewigt.
 
Da wir labyrinthische Menschen sind, suchen wir nach unserer Ariadne. Bendas Ariadne steuert sehr zielstrebig auf die Katastrophe zu, weshalb wir dem Labyrinth mit Hilfe von Henry Purcell, Jacques Offenbach und Franz Fühmann noch ein paar Wege, Umwege und Sackgassen hinzugefügt haben. Unsere Ariadne muss sich nicht nur damit auseinandersetzen, dass ihr Held Theseus ohne ein Wort verschwindet, sondern auch mit einem Chor, der kommentiert, kritisiert und falsche Fährten legt. Den Ausgang zu finden ist – wie Theseus' Beispiel zeigt – nicht alles, wir sind weiter in den Windungen des Labyrinths unterwegs.